Fokus: Gendergerechte Energiewende

Teilhabe ist unverzichtbar

Wenn Frauen* in der Energiewende fehlen, dann fehlen auch ihre Perspektiven. Warum ist das wichtig? Erstens ist es eine Frage der Gleichberechtigung, die das Grundgesetz im Artikel III garantiert. Zweitens gilt: Die Energiewende braucht Begeisterte! So viele Menschen wie möglich sollen an ihr teilhaben, damit sie gelingt und sozial verträglich ist. Wir können uns schlicht nicht leisten, die Ressourcen der Hälfte der Bevölkerung nicht zu nutzen. 

Frauen* sind zentrale Akteur*innen, die sich für Klimagerechtigkeit und Umweltschutz einsetzen. Sie geben dieses Bewusstsein weiter und sind bereit, die Energiewende mitzugestalten. Unternehmen profitieren davon, wenn ihre Teams divers besetzt sind und verschiedene Sichtweisen einbringen. Das gleiche gilt für die Energiewende insgesamt: Wer viele Perspektiven kennt, kann Lösungen erarbeiten, die für viele funktionieren. Zudem gibt es einen Schneeballeffekt: Sind Frauen* sichtbar, wird die Mitarbeit auch für andere Frauen* attraktiver und das Thema als eines „für alle“ wahrgenommen. Dies fördert Beteiligung und Akzeptanz der Energiewende.

Die Energiewende ist genderrelevant!

Frauen* nutzen besonders häufig den ÖPNV anstelle des Autos, trennen den Müll, nutzen nachhaltige Produkte. In Studien geben Frauen* überdurchschnittlich oft an, dass Umweltschutz und Nachhaltigkeit für sie wichtig sind. Auch Wahlanalysen legen dies nahe. Trotzdem haben weniger Frauen* an der Gestaltung der Energiewende teil. Diejenigen, die sich für den Ausbau der Erneuerbaren Energien einsetzen, sind oft weniger sichtbar.

Warum haben Frauen* (noch) weniger an der Energiewende teil?

Einen zentralen Faktor bildet die Erwerbsarbeit. Frauen* sind in den MINT-Fächern und technischen Berufen weniger präsent als Männer. Dies hängt mit geschlechtsspezifisch erlernten Denk- und Verhaltensweisen, Rollenerwartungen und Fachkulturen zusammen. Sie erschweren Frauen* oftmals den Weg in die von Männern dominierten Fachbereiche. Eine entsprechende Ausbildung oder Studium sind aber ausschlaggebend dafür, in der Energie-Branche eine führende Position zu erreichen. Vorstellungen über Führung und Expertise basieren auf geschlechterspezifischem Rollenverhalten.

In der Photovoltaik-Branche arbeiten Frauen* am häufigsten, weltweit sind es laut PV-Magazine sogar 40 Prozent. Ihre Aufgaben liegen wie insgesamt in der Energiewirtschaft überdurchschnittlich häufig im administrativen Bereich. Im Erneuerbare-Energien-Sektor greifen die gleichen geschlechtsspezifischen Ungleichheiten wie in anderen Branchen auch: Frauen* sind häufig prekär angestellt, zum Beispiel befristet und in Teilzeit. Ein Grund hierfür sind wenig flexible Arbeitszeitmodelle. Einschnitte im Lebenslauf durch Familienzuwachs führen bei* Frauen zu erheblich größeren Karriere-Einbußen als bei Männern – unabhängig davon, wie viel Elternzeit jedes Elternteil nimmt. Selbst die Möglichkeit, dass Frauen* in einer bestimmten Altersspanne schwanger werden könnten, erschwert manchen den Zugang zum Arbeitsmarkt. Entsprechend sind die Chancen für Frauen*, durch ihre Erwerbsarbeit die Energiewende mitzugestalten und an dieser (auch finanziell) teilzuhaben, deutlich geringer. 

Teilhabe an der Bürger*innenenergie

Möglichkeiten der aktiven wie der finanziellen Teilhabe bieten Energiegenossenschaften. Auch hier sind Frauen* als Mitglieder und in den Gremien wie Vorstand und Aufsichtsrat unterrepräsentiert. Trotzdem sind Energiegenossenschaften wichtig, um eine gendergerechte Energiewende voranzutreiben: ihr demokratisches Prinzip (ein Anteil, eine Stimme) und die Pflicht, für das Wohl der Mitglieder zu sorgen, führt zu einem nachhaltigem und an sozialen Werten ausgerichtetem Wirtschaften. Dezentrale Konzepte ermöglichen es, inklusiv zu arbeiten und auf Bedarfe vor Ort einzugehen. Wichtig für die Bürger*innenenergie ist es, niedrigschwellig Teilhabe zu ermöglichen. Zum Beispiel über möglichst geringe Kosten für Genossenschaftsanteile.  

Genderspezifische Bedarfe

Der Gender-Pay-Gap beim Stundenlohn von Frauen* und Männern liegt unbereinigt bei 18 Prozent. Unter Berücksichtigung  von Erwerbstätigenquote und Arbeitszeiten sind es sogar 39 Prozent. Die damit einhergehenden Einkommens-, Vermögens- und Pensionslücken beschneiden die positive Teilhabe von Frauen* an der Energiewende. Viel seltener können sie sich PV-Anlagen oder E-Autos leisten und sind ungleich stärker auf bezahlbare Stromtarife und besser ausgebauten ÖPNV angewiesen. Auch für die Beteiligung an Bürgerenergie-Projekten fehlt Frauen* statistisch häufiger das Geld als Männern.

Was tun?

Bei allen Entscheidungen sollten Organisationen bedenken, wie diese sich auf verschiedene Geschlechter auswirken. Das nennt man Gender Mainstreaming. Konsequent umgesetzt führt Gender Mainstreaming dazu, die Perspektiven von Frauen* in Unternehmen, Vereinen und anderen Gruppen fest zu verankern. Damit trägt es zur Teilhabe möglichst vieler Menschen an der Energiewende bei! Für uns vom Netzwerk Energiewende Jetzt e.V. ist das Gewinnen von Frauen* als Mitglieder, Aktive und für verantwortliche Positionen ein zentraler Teil der Organisationsentwicklung. Gerne unterstützen wir Sie dabei.

Frauen* für die Energiewende!

Eine gendergerechte Energiewende mit Teilhabe für alle kann Wirklichkeit werden! Schon jetzt sind viele Frauen* für die Energiewende aktiv. Sie sind Role Models in ganz unterschiedlichen Bereichen. Jede* kann ihren Platz finden und ihre Stärken einbringen.